LUXUS UND NACHHALTIGKEIT – High Fashion Marken, die es slow mögen
Stell dir vor, du stehst vor deinem Kleiderschrank und deine Kleidung strahlt nicht nur Luxus aus, sondern ist auch nachhaltig produziert worden. Leider bleibt dieses Szenario in den meisten Fällen ein Traum. Denn die Modeindustrie stagniert in Sachen Klimaschutz weitgehend, wie der "Circular Fashion Index 2023" von Kearney deutlich macht. Während Marken wie Shein rasant wachsen, scheint das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum immer noch nicht im Mainstream verankert zu sein.
Neue Kollektionen werden in schneller Folge herausgebracht, oft ohne klare Angaben zu Materialien und Herstellungsbedingungen. Dabei gibt es abseits des Billigmodesektors viele Labels, die hochwertig und fair produzieren. In diesem Artikel lassen wir uns nicht lumpen und zeigen dir sieben Marken für Luxusmode, die durch ihre Qualität, Fertigung, Materialauswahl und Preisgestaltung nachhaltig sind. Adé Wegwerfmode!
High Fashion und Slow Fashion - Paradoxon oder Symbiose?
Luxus und Nachhaltigkeit: wie geht das zusammen? Ganz einfach, indem Unternehmen nicht nur ihren Umsatz fokussieren, sondern auch Menschen- und Tierrechte in den Vordergrund ihrer unternehmerischen Entscheidungen stellen.
Wenn diese Kriterien erfüllt sind, ist Luxusmode sogar sehr nachhaltig. Denn durch die qualitativ hochwertige Fertigung, besondere Materialien und hohe Preise bleibt ein Luxusstück länger in dem Kleiderschrank erhalten. Außerdem wird High Fashion in einer wesentlich geringeren Stückzahl produziert als Massenware, was wiederum ein Kriterium für Slow Fashion ist.
Slow Fashion - it can’t get high enough
Und genau da liegt das Problem: Slow Fashion ist langsamer, gelangt nicht so schnell unter die Massen. Slow Fashion wird größtenteils von kleinen Labels auf den Markt gebracht, die gar nicht auf eine enorme Gewinnspanne und große Massen ausgerichtet sind. Deshalb ist gerade die High-Fashion-Welt sehr wichtig für die Entwicklung von der Slow Fashion Bewegung. Hier liegt das Potential, das Image von Slow Fashion anzustoßen und das Thema Nachhaltigkeit populär und sexy zu machen.
Ein Paradebeispiel für eine Symbiose von Luxusmode und Slow Fashion ist das Modelabel Stella McCartney. Die gleichnamige Designerin ist seit Jahren DIE Stilikone für ethisch bewusste High Fashion. 2001 gründete sie ihr eigenes Label, nachdem sie zuvor für namenhafte Designer arbeitete. McCartney verzichtete zu Zeiten auf Pelz und Leder, als andere Marken noch nicht im entferntesten daran dachten.
1. Stella McCartney
Stella McCartneys langjähriges Engagement für Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil des Markenethos und zieht sich durch sämtliche Unternehmensprozesse. Im Mittelpunkt ihrer Philosophie steht die Achtung von Mensch, Natur und Tier.
Auf ihrer Website verkündet Stella McCartney folgendes:
“Kein Leder, kein Fell, keine Häute, keine Federn.
Wir sind ein vegetarisches Unternehmen und keines unserer Produkte enthält Leder, Pelze, exotische Felle oder Federn - und keiner der in unseren Schuhen oder Taschen verwendeten Klebstoffe stammt aus tierischer Herkunft.”
Stella McCartney setzt sich für Vegetarismus ein: Kein Leder, kein Fell, keine Häute und keine Federn - kein Produkt dieser Marke enthält solche Materialien. Selbst die verwendeten Klebstoffe in Schuhen und Taschen sind frei von tierischen Bestandteilen.
Doch es geht noch weiter: Tierversuche sind für Stella McCartney ein absolutes Tabu. Alle Produkte, einschließlich der von COTY lizenzierten veganen Parfüms, werden ohne Tierversuche hergestellt. Jeder einzelne Duft ist vegan, was bedeutet, dass kein Inhaltsstoff tierischen Ursprungs ist oder an Tieren getestet wurde - und das schließt auch Bienen mit ein.
Stella McCartney geht so weit, ihre Ethik sogar auf ihren Vertrieb zu übertragen: Sie hat sich entschieden, ihre Düfte nicht in China zu verkaufen, wo Tierversuche staatlich vorgeschrieben sind. Stella McCartney ist nicht nur bestrebt, ihre eigenen Werte zu wahren, sondern hofft auch, dass andere Lizenznehmer von COTY ihrem Beispiel folgen werden und Nein zu Tierversuchen sagen.
Bereits 2008 hat Stella McCartney begonnen, PVC aus ihren Produkten zu verbannen. Seit 2010 sind alle ihre Produkte, einschließlich der in Zusammenarbeit mit adidas hergestellten, vollständig PVC-frei. Stella McCartney geht nicht nur in ihren eigenen Produkten gegen PVC vor, sondern stellt auch sicher, dass jede Kooperation diesen Wert respektiert.
Mehr zu den Standards des Labels kannst du hier nachlesen.
2. Vivienne Westwood
Die Designerin ist bekannt für Rebellion, Aktivismus und starke Slogans. Sie wirbt bereits seit einigen Jahren für Nachhaltigkeit und eine Klimarevolution. Die Modemacherin engagiert sich zudem für den Erhalt des südamerikanischen Regenwaldes und fordert Konsumenten auf, weniger Kleidung zu kaufen und nachhaltig zu konsumieren. Auch Unisex-Mode ist immer wieder Thema in Vivienne Westwoods Kollektionen. Im Zuge der der Ecotricity Modenschau 2017 rief Vivienne Westwood andere Luxuslabels dazu auf, von fossilen Brennstoffen auf grüne Energie umzusteigen. Im Jahr 2018 positionierte sie sich mit der Entscheidung, ihre Spring 2019 RTW Kollektion nur digital vorzutragen, ebenfalls als eine Vertreterin von Ökologie und Nachhaltigkeit. In der besagten Kollektion zeigte sie 100% ökologische, aus Bio-Baumwolle und Leinen gefertigte, Jacken und Hosen mit Aquarellen. Vivienne Westwood arbeitete zudem mit einem 90-prozentigem Acetat-Mix, der aus Holzzellstoff hergestellt wurde. Dieser kam von Plantagen, die durch Aufforstungsprogramme reguliert werden und die Umwelt positiv beeinflussen.
Und so ging es auch für den Rest der Kollektion weiter: Hanf-Bambus-Mixe, zu 100% recycelte Stoffe und an Armee-Uniform angelehnte Outfits, die nach dem Öko-Tex Nachhaltigkeitsstandard produziert wurden. Auch um einen minimalen Verschnitt in der Produktion wurde sich bemüht. "Konsum ist der Feind der Kultur", sagte Westwood weiterhin in dem Video, das diese Kollektion begleitete.
Auch im Jahr 2019 blieb sich Vivienne Westwood treu und und setzte in ihren Produktionen um, was sie predigt.
““I’m a fashion designer and activist. You all know what I’m up to, I use fashion as a vehicle for activism to stop climate change and mass extinction of life on planet earth.”
“Ich bin Modedesignerin und Aktivistin. Ihr alle wisst, was ich vorhabe, ich benutze Mode als Vehikel für Aktivismus, um den Klimawandel und das Massenaussterben von Leben auf dem Planeten Erde zu stoppen.” ”
3. GUCCI
Bereits im Jahr 2007 startete Gucci im Zuge der Green Carpet Challenge in Zusammenarbeit mit der Eco-Age Gründerin Livia Firthder das Nachhaltigkeitsprojekt einer 100% rückverfolgbaren Handtaschenkollektion. 2010 führte Gucci recycelbare Verpackungen mit FSC-zertifiziertem Papier ein.
Ein Jahr später verkaufte Gucci die ersten Brillen aus umweltfreundlichen Materialien auf der Grundlage von Rizinusöl. 2012 startete Gucci eine nachhaltige und biologisch abbaubare Kunststoff-Sandalen-Kollektion. Nach einigen Jahren Rumgedruckse und viel Kritik von Veganern, Vegetariern und Tieraktivisten später, kam im Herbst 2017 schließlich Ankündigung: Gucci wird pelzfrei.
Darauf folgte im Jahr 2018 die Gucci Equilibrium, eine Online-Plattform, die das Engagement für Nachhaltigkeit fördern soll. Damit möchte Gucci mehr Transparenz und Nachhaltigkeit erreichen. Diese Initiative erlaubt Mitarbeitern unter anderem, ein Prozent ihrer Arbeitszeit für ehrenamtliche Tätigkeiten einzusetzen.
2019 gab Gucci bekannt, dass das Unternehmen unter der Leitung von Chefdesigner Alessandro Michele in Zukunft vollständig auf ein klimaneutrales Unternehmensmodell umsteigt.
4. Acne Studios
Acne Studios beschreiben ihre Hauptaufgabe im “Design attraktiver Produkte”, die Kunden lange Zeit schätzen und genießen. Daher beginnt ihr Nachhaltigkeitsanspruch nach eigenen Worten damit, dass die Designer stolz auf ihre Produkte sein möchten, was Design und Qualität sowie auch die Fertigung und Nutzung betrifft. Der Nachhaltigkeitsanspruch von Acne Studios gliedert sich in die drei Schlüsselbereiche: „Produkte“, „Lieferanten“ und „Betriebsabläufe“. Dazu fertigt Acne Studios einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht an und erläutert Maßnahmen, Ziele und Ergebnisse zu diesen drei Bereichen ausführlich. Den letzten Bericht kannst du dir hier ansehen: Acne Studios Nachhaltigkeitsbericht 2021/2022
Acne Studios Produkte
“Entwicklung von qualitativ hochwertigen Produkten, die für den langfristigen Gebrauch konzipiert sind, unter Verwendung von sorgfältig ausgewählten Materialien und Techniken”
Acne Studios Lieferanten
“Zusammenarbeit mit transparent arbeitenden und verantwortungsbewussten Sourcing-Partnern zur Förderung fairer Arbeitsbedingungen in unserer Lieferkette”
Acne Studios Betriebsabläufe
“Berücksichtigung der ethischen und ökologischen Auswirkungen unserer betrieblichen Aktivitäten als verantwortungsvoller Arbeitgeber”
Mitgliedschaft bei der Fair Wear Foundation
Acne Studios ist Mitglied der gemeinnützigen Organisation Fair Wear Foundation. Diese unterstützt Labels bei ihrer Arbeit zur Überwachung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben. Die FWF führt jedes Jahr einen „Brand Performance Check“ (BPC) bei allen Mitgliedern durch, in dessen Rahmen deren Leistungen geprüft und bewertet werden. Die Ergebnisse werden im entsprechenden FWF-BPC-Bericht zusammengefasst.
5. Mara Hoffman
Mara Hoffman hat das absolute Lieblings-Label-Potential und ist vor allem für ihre farbenfrohe Bademode und raffinierte Schnitte bekannt. Das Beste an ihrer Bademode ist: Sie besteht aus 100 Prozent recyceltem Material.
Mara Hoffman ist nicht nur sympathisch und offensichtlich naturverbunden, sie beschäftigt sich auch schon lange und sehr gründlich mit Nachhaltigkeit.
Außerdem setzt sie sich gegen stereotype Körperbilder ein und produziert auch nachhaltige Plus Size Mode.
Bei ihren Prêt-à-Porter Kollektionen verwendet Hoffmann statt konventioneller Baumwolle GOTS-zertifizierte Bio-Ware. Die Alpaca-Wolle für Strickwaren stammt aus Peru von Produzenten, die umweltfreundlich und ethisch arbeiten. Generell sind alle Manufakturen und Fabriken bei Mara Hoffman mit Sorgfalt ausgewählt.
6. House of Dagmar
Der Online-Modehändler Zalando hat im Rahmen der Copenhagen Fashion Week im Februar 2021 zum ersten Mal seinen Nachhaltigkeitspreis verliehen. Er ging an das schwedische Modelabel House of Dagmar. Ausgezeichnet wurde das Label laut Jury für sein “langjähriges Engagement für zeitgemäße, qualitativ hochwertige Kleidung mit geringem ökologischem Fußabdruck.”
Im Rahmen des Preises erhält House of Dagmar ein Preisgeld und wird nun gemeinsam mit Zalando eine nachhaltige Capsule Collection entwickeln, die sich auf nachhaltige Designs im Hinblick auf Materialien, Produktionsabläufe, technische Lösungen und Rückverfolgbarkeit konzentriert.
House of Dagmar arbeitet stetig mit alternativen Ansätzen, um etwas zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen und den positiven Wandel auf diesem Gebiet voranzutreiben. Das Unternehmen arbeitet nicht nur mit nachhaltigen Materialien, sondern auch mit Maßnahmen, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern.
7. Bottega Veneta
Das italienisches Luxuslabel Bottega Venetasteht seit 1966 für Qualität und Handwerkskunst. Als Teil der Kering Group verfolgt das Unternehmen klar definierte Nachhaltigkeitsziele und berichtet jährlich über den Status laufender Projekte. Besonders hervorzuheben ist Bottega Venetas Engagement in der Minimierung von CO2-Emissionen und in der Verfolgung von nachhaltigen Praktiken. Die Marke verwendet 100% rückverfolgbares Leder und recycelt 90% der Lederreste. Auch bei anderen Materialien wie Baumwolle und Kunststoff setzt Bottega Veneta auf nachhaltige Alternativen. Mit einer Verpackung aus 100% FSC-zertifiziertem Papier und GOTS-zertifiziertem Flanell zeigt auch dieses Unternehmen, dass Luxus und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können.
Hier erfährst du mehr zum Thema Nachhaltigkeit bei Bottega Veneta.
